Susanne Zapf (Violine), Kirsten Harms (Violine), Nikolaus Schlierf (Viola), Cosima Gerhardt (Violoncello), Frank Gutschmidt (Klavier),
Diese Komposition beendete ich im Februar 1996, kurz nach dem Tod von Heiner Müller.
Geschrieben habe ich die Komposition für Frank Gutschmidt, dem sie auch gewidmet ist, und der sie 1996 anlässlich des Internationalen Ferienkurses für zeitgenössische Musik in Darmstadt uraufführte. Zu dieser Zeit beschäftigte ich mich intensiv mit Heiner Müllers Literatur, besonders seine Lyrik in ihrer tiefen Schönheit beeindruckte mich sehr.
Der glücklose Engel a.d.J. 1949
Ich bin der Engel der Verzweiflung a.d.J. 1979
Glückloser Engel 2 a.d.J. 1991
Glückloser Engel 2
Zwischen Stadt und Stadt
Nach der Mauer der Abgrund
Wind an den Schultern die fremde
Hand am einsamen Fleisch
Der Engel ich höre ihn noch
Aber er hat kein Gesicht mehr als
Deines das ich nicht kenne
Trotz aller Verzweiflung mit dem Wissen um seinen Auftrag wird auch dieser Engel seinen Flug fortsetzen bis er den endgültigen Verlust des Bildes betrauert. Die Klaviermusik V ist eine sehr große Klavierkomposition von 25 min. Es ist nicht beabsichtigt, den literarischen Inhalt des Müllerschen Gedichtes musikalisch zu reflektieren. Vielmehr ist es eine "explosion of a memory" wie es Müller selbst einmal bezeichnete. Die Musik bedarf keines zusätzlichen Kommentars, sie spricht für sich, ihre emotionale Wirkung ist autonom. Ich versuche durch intensive Arbeit mit dem Klangmaterial von dem literarischen Angebot mich zu isolieren, um eine platte Illustration zu vermeiden. Die musikalische Gestaltung erfordert Zeit und Raum um sich zu artikulieren.
P.-H. Dittrich 2010
25. Febr. 1989 während der Biennale für zeitgenössische Musik in Berlin-Ost vom Arditti-Quartett uraufgeführt.
Mein III. Streichquartett ist in Verbindung mit Literatur entstanden, so wie die meisten meiner Werke. Hier benutze ich
einzelne Fragmente aus den Hymnen an die Nacht von Novalis. Im zweiten und vierten Teil habe ich die Texte in die Partitur und in die einzelnen Stimmen der Instrumente geschrieben. Die Textfragmente sind nur für die Musiker bestimmt.
Die Wechselbeziehungen Text-Musik, die die Instrumentalisten zum Notentext parallel verfolgen können, sind Denkmaterial,
welches die Interpretation beeinflusst. Die Komposition ist nicht als musikalische Auslegung der Hymnen an die Nacht konzipiert worden. Meine kompositorische Arbeit begann mit der kritischen Auseinandersetzung des literarischen Textes. Hier fand auch die größte Annäherung an die Poesie statt. In der Komposition wird der poetische Text einer Reduktion unterworfen. Sie besteht in der Auswahl von Textfragmenten. Die poetische Sprache der ausgewählten Fragmente bleibt als stumme Schrift verborgen für die Zuhörer. Die Musik distanziert sich von den konkreten Inhalten und will durch das musikalische Geschehen verstanden werden. Einige Fragmente in dem zweiten Teil der Komposition und ein Fragment aus dem vierten Teil habe ich Hymnen genannt, daneben in Klammern habe ich das Wort Rezitativ gesetzt. Mit Hymne weise ich auf die Textfragmente von Novalis hin, mit Rezitativ auf die spezifisch musikalische Art und Weise, mit der Sprache umzugehen. Die Benennung der Rezitativform war für mich berechtigt, weil sich die Deklamation des Textes im musikalischen Verlauf wiederfindet. Diese Teile unterscheiden sich von den anderen durch ihren deklamatorischen Gestus.
P.-H. Dittrich 2010